Fabelwesen
Letzten Donnerstag zog Luke bei uns ein.
Der grosse Wassermann ist überzeugt, dass er zur Hälfte ein Faultier ist, weil er so viel pennt.
Der kleine Wassermann hingegen meint, Lukes Vater (von dem man nichts weiss natürlich) sei eventuell eine Fledermaus gewesen, wie sonst bitteschön soll man sich solch grosse Ohren erklären?
Ich denke, Luke ist vor allem ein Schatz. Ein durch und durch liebes und bildhübsches Wesen, welches eine lange Reise – vom Auffanglager in Spanien bis zu uns an den Fluss – hinter sich hat.
Und sich jetzt hier ausschläft und ausruht.
Sich langsam einlebt.
Und sämtliche Herzen der Flussfamilie im Sturm erobert hat.
Mit seinem Blick.
Seinem Grunzen.
Seinem scheuen, sanften Wesen.
Und seinem Wedeln, das bei grosser Freude einem rotierenden Flugzeugpropeller gleicht.
Die Wasserfrau fragt sich, wie es sich nur all die Jahre ohne solch gute Seele im Haus leben liess. Unglaublich, unmöglich im Nachhinein. Und wird jetzt beim Anblick dieses charmanten Kerls ganz weich. Vergräbt gar ihre Nase in seinem Pelz. Denn Luke riecht gut, entgegen aller Vorurteile. Das musste sogar der grosse Wassermann zugeben. Obwohl er bis dahin immer behauptet hatte, dass alle von Lukes Art stinken würden. Alle, einfach alle, und dies ausnahmslos.
Ah, übrigens Luke besitzt einen spanischen Pass. Dort steht auch welcher Tierart er angehört. Leider bin ich des spanischen nicht mächtig, und was der zuständige Tierarzt gekritzelt hat, kann sowieso kein Mensch lesen.
Ich weiss aber mit Bestimmheit, Lukes Mutter war ein Hund. Und Luke ist es auch, und ein sehr edler dazu. Ganz egal was über seine Vorfahren väterlicherseits gemunkelt wird…
Danke all jenen, die ihn auf seinem weiten Weg begleitet haben!